Orthodoxie- unbekanntes Christentum

Innerhalb des Christentums ist die Orthodoxie die älteste Kirche, welche unverfälscht das Erbe der ursprünglichen ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends in Glauben und Praxis, Form und Geist bewahrt und lebt. Sie zeichnet sich durch ihre reiche kultische Überlieferung, ihre aus dem Herzen kommende, profunde Spiritualität und ihre Theologie voll mystischer Tiefe aus. 
Die Orthodoxe Kirche ist den Christen des Westens oftmals fremd und weitgehend unbekannt; ihre Erwähnung ruft bei Menschen unseres Kulturkreises vielfach unterschiedliche Meinungen und Assoziationen hervor. Das ein Extrem der Urteile sieht in ihr eine altertümliche Form des Christentums, in dem die Zeit stehensgeblieben ist und das in formalen Ritualen erstarrt ist. Das andere Extrem ist fasziniert von dieser exotischen Variante des Christentums mit ihren prachtvollen und imposanten liturgischen Zeremonien, Ikonenverehrung, Chorgesängen und Weihrauchduft. Diese Nostalgie nach einer in der eigenen - westlichen - Kirche oft abgeflachten kultischen Mystik und Spiritualität trägt vielfach zu einem fiktiven Bild der Orthodoxie bei, das jenseits der Realität liegt.
Es ist jedoch historisch nicht korrekt, das Orthodoxe Christentum ausschließlich mit den Völkern und der Kultur Osteuropas bzw. des vorderen Orient zu verbinden; in der Frühzeit des Abendlandes gab es im fränkischen Reich (Gallien und Teile Südwestdeutschlands) Christliche Kirchen, die in ihrem Ritus - der altgallikanischen Liturgie - und der Ausprägung des Glaubens der byzantinischen Tradition sehr nahe standen. In diesem Jahrhundert wurde in Frankreich der Versuch unternommen, diesen Zweig der Orthodoxie wiedererzuerwecken ausgehend von einer Initiative junger Kleriker.

Was heißt Orthodoxie?
"Der Begriff Orthodoxie wird im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch entsprechend der Etymologie des Adjektivs orthos (gerade, aufrecht, richtig, recht) und des Verbs dokeo (meinen, glauben, sich bekennen) als Bezeichnung für ein System verwendet, das an der strengen Doktrin festhält. So spricht man von orthodoxem Marxismus, Kommunismus ("Betonköpfen") oder Judentum als Grundhaltungen, deren Sorge der "reinen Lehre" einer Religion oder Ideologie gilt. Darunter wird schließlich oft das engstirnige, unnachgiebige Festhalten an Dogmen und Lehrmeinungen verstanden, das dem Neuen verschlossen bleibt. Auf die orthodoxe Kirche bezogen meint man, daß es sich um eine Kirche handelt, die sich als "recht-, strenggläubig" versteht (Duden). 
Dieses Verständnis, das die genannten negativen Implikationen assoziiert, widerspricht allerdings grundsätzlich der orthodoxen Wirklichkeit als lebendigem Organismus, der seinen Ausdruck im liturgischen Leben der Kirche findet. Daher erscheint dem Wesen der orthodoxen Kirche am ehesten eine andere - komplementär verstandene - Etymologie zu entsprechen, die vom Verb doxazo (preisen) ausgeht. Der rechte Glaube ist demnach nicht abstrakte Doktrin, sondern rechte Lobpreisung Gottes. Im Leben der Kirche, das eine Doxologie, ein Dank für das erfahrene Heil ist, wird die geoffenbarte Wahrheit in der Geschichte ununterbrochen manifestiert. Die Identität der Orthodoxie besteht weder in einem Lehrsystem gesicherter Wahrheiten noch in einem Organisationssystem, sondern in ihrer Liturgie, in der die Schöpfung die Gemeinschaft mit ihrem Schöpfer erfährt und in einer Theologie der Hymnen „das große Mysterium der Frömmigkeit“ doxologisch artikuliert, ohne die Absicht, eine verbindlich lehrmäßige Formulierung zu geben." 
Die orthodoxe Kirche ist die Familie von Kirchen, deren gemeinsamer Glaube auf den 7 ökumenischen Konzilien des ersten Jahrtausends basiert (bis zum II. Konzil von Nizäa 787). Sie bezeichnen sich selbst als die rechtgläubigen [gr. orthos - richtig, dokeo - glauben], allumfassende Kirche des Ostens.
Geschichte:
Der konfessionelle Gegensatz zwischen "katholisch" und "orthodox" ist ein neuzeitliches Phänomen. Dagegen existieren seit der frühen Christenheit verschiedene Ostkirchen mit je eigener Tradition. Mit der Zeit bildeten sich Kirchenzentren, insbesondere die Patriarchate Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem, die je ein eigenes kirchliches Leben hatten, aber untereinander im Wesentlichen Gemeinschaft hielten. Durch Machtkämpfe zwischen Rom und Konstantinopel kam es immer wieder zu Streitigkeiten, die jedoch beigelegt werden konnten. Auch im Jahre 1054 war es wieder einmal soweit (gegenseitige Exkommunikation und Bannsprüche, die erst 1965 wieder aufgehoben wurden).Dieser Bruch war zwar nicht endgültig, führte aber durch die Eroberung Konstantinopels-1204 im 4. Kreuzzug dazu, daß die volle Gemeinschaft zwischen Rom und Konstantinopel nicht wieder-hergestellt werden konnte.
KirchlicheAmtsträger:
Priester, Diakon, Subdiakon, Vorleser, Kantoren, Bischöfe [sie verstehen sich als die Nachfolger der Apostel, sie sind alle gleichberechtigt], Erzbischöfe, Metropoliten [Vorsteher des Bischofskollegiums eines Gebietes, meist Bischof der politischen Landeshauptstadt], Patriarchen [Vorsteher des Bischofs-kollegiums bestimmter Metropolitansitze mit besonderer Bedeutung, bischöflicher Vorsitz über ein größeres Gebiet; Patriarchen haben gewisse Befugnisse (auch über Bischöfe), unterstehen aber der Bischofssynode]. Eine Sonderstellung hat der Patriarch von Konstantinopel (auch "ökumenischer Patriarch"). Er ist "Erster unter Gleichgestellten" und das geistige Oberhaupt der Gesamtorthodoxie. Er hat Rechte des Vorsitzes und der Koordination und ist verantwortlich für den Konsens mit den anderen orthodoxen Kirchen (durch panorthodoxe Synoden). Derzeitiger ökumenischer Patriarch ist Bartolomaios I. (seit 1991).
Struktur:
Die Orthodoxie ist nicht zentralistisch organisiert, sondern ein Verband einzelner Nationalkirchen (Staatsgrenzen und Grenzen der orthodoxen Kirchen decken sich weitgehend). Sie besteht aus einem Teil autokephaler Kirchen (ein eigenes Oberhaupt habend) und einem Teil autonomer Kirchen (eine eigene Verfassung habend, sind jedoch einem anderen Patriarchat - meist Konstantinopel-unterstellt).
Den Kern der 16 derzeit existierenden orthodoxen Kirchen bilden die 4 altkirchlichen Patriarchate Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem. Obwohl 16 verschiedene orthodoxe Kirchen existieren, gibt es dem Wesen nach in Glaube und Lehre nur eine orthodoxe Kirche. Autokephalie bzw. Autonomie bedeuten Einheit in der Vielfalt. Der weltweite Verband der derzeit etwa 170 Millionen Gläubigen ist die panorthodoxe Konferenz (unter dem Vorsitz von Konstantinopel). Die Auslandskirchen (z.B. in Amerika oder Australien) unterstehen entweder der Kirche ihres Heimatlandes oder dem ökumenischen Partriarchat.
Glaubensquellen:
Heilige Schrift, Tradition, Dogmen der ersten 7 Konzilien der ungeteilten Kirche (nach orthodoxem Verständnis kann nur ein ökumenisches Konzil neue Dogmen schaffen), und das liturgische Leben.
Sakramente:
Es gibt 7 sogenannte Mysterien mit rituell unterschiedlicher Entwicklung zwischen den einzelnen Kirchen. Sie sind Träger göttlicher Kraft, wobei die Betonung auf der hinter ihnen stehenden Gnade liegt.
1) TAUFE : durch dreimaliges Untertauchen (Zeichen für Tod und Auferstehung) wird die Eingliederung in die Kirche vollzogen.
2) FIRMUNG : Sie erfolgt unmittelbar nach der Taufe durch eine Salbung mit Myron [dem Gläubigen soll die Kraft vermittelt werden, ein christliches Leben zu führen]. Gleichzeitig wird es dem Gläubigen ermöglicht, am Sakrament der Eucharistie teilzunehmen.
3) EUCHARISTIE : Die Kommunion wird in beiderlei Gestalt empfangen (das Brot wird mit dem Löffel in den Wein getaucht). Bevor die Kommunion empfangen werden darf, müssen Jugendliche und Erwachsene beichten und fasten. Die Gabenbereitung erfolgt vor dem Wortgottesdienst an einem eigenen Tisch. Am Beginn der Eucharistie wird der große Einzug des Priesters mit Brot und Wein zelebriert.
4) BUßE : Das Sakrament der Buße wird als Ohrenbeichte abgelegt, danach folgt die Vergebung der Sünden und die Lossprechung durch den Priester.
5) KRANKENSALBUNG : Sie ist sowohl Stärkung in Todesnot als auch Hilfe im Kampf gegen die Sünde. Sie hat einen heiligenden Charakter und beinhaltet die Vergebung aller Sünden.
6) EHE : Das Sakrament der Ehe besteht aus zwei Teilen. Zuerst erfolgt das Verlöbnis durch das Sprechen der Verlöbnisformel, danach werden die Ringe angesteckt und ein dreifacher Segen aus-gesprochen. Zuletzt erfolgt die Krönung, die einen Hinweis auf das Martyrium Christi gibt. Die Ehe ist grundsätzlich unauflöslich, doch gestattet und segnet die orthodoxe Kirche eine zweite, in Ausnahmefällen sogar eine dritte Eheschließung (z.B. bei Ehebruch des Partners). Die Trauung ist meist mit einer Eucharistiefeier verbunden.
7) PRIESTERWEIHE : Sie wird durch ein Gebet und Handauflegung vollzogen. In einzelnen Fällen erfolgt auch eine Salbung mit Myron. Der Priester erhält somit die Vollmacht zu predigen und Sakramente zu spenden. Es gibt zwei Arten von Priestern: Zölibatär lebende oder verheiratete (die Entscheidung muss vor der Diakonatsweihe getroffen werden).
Gottesdienst:
Die heilige Liturgie orthodoxer Gottesdienste wird in der Regel in der auf Johannes Chrisosthomos zurückgehender Form gefeiert. Die Gegenwart Gottes wird nicht nur durch Predigt und Abendmahl, sondern auch durch Bilder und den gesamten Gottesdienst vermittelt. Die Gottesdienste werden in der jeweiligen Volkssprache gehalten, wohingegen die orthodoxen Slawen bis heute altkirchenslawisch als Liturgiesprache benützten. Der Gemeinderaum ist vom Altarraum durch eine Bilderwand mit drei Türen (Ikonostase) getrennt. Alle Sinne werden angesprochen: sehen (durch den Ein- und Auszug des Priesters und durch Ikonen), hören (durch den Kirchengesang, der von ethischen und lokalen Traditionen geprägt ist), fühlen (durch das ständige Stehen während des Gottesdienstes), riechen (Kerzen und Weihrauch) und schmecken (Kommunion).
Ikonenverehrung:
Ursprünglich gab es heftige Diskussionen über das Verbot oder die Zulassung von Bildern und deren Verehrung. Das II. Konzil von Nicäa brachte eine Entscheidung zugunsten der Bilderverehrung, da niemals das Bild, sondern die dargestellte Person bzw. das dargestellte Heilsgeschehen verehrt wird. Die Bilder werden auch nicht angebetet, da die Anbetung allein dem dreieinigen Gott vorbehalten ist. Ikonen gelten nicht als Kunstwerke, sondern als Repräsentant des Dargestellten. Der Ikonograph, der tief im kirchlichen Leben verwurzelt sein muss, bereitet sich durch beten und fasten auf seine Arbeit vor.
Pinsel, Holz und Farbe werden geweiht, das fertige Bild gesegnet.
Heilige:
In der orthodoxen Kirche existiert eine sehr ausgeprägte Verehrung der Heiligen, speziell der Mutter Gottes, die in zahlreichen Hymnen als neue Eva und Thron Gottes gepriesen wird. Die Heiligen werden als Freunde und Helfer der Gläubigen verstanden.
Geschichte der serbisch-orthodoxe Kirche
Die Geschichte der Serben und ihrer Christianisierung geht bis in die Zeit vom 7. bis 9. Jahrhundert zurück. In dieser Zeitspanne wurden zweimal Missionare nach Serbien und deren Grenzen hinaus gesandt. Das erste Mal von Rom aus, zur Zeit des Kaisers Herakleios (610 - 641) und von Konstantinopel, zur Zeit des Kaisers Basilios I. (867 - 886), hauptsächlich durch die heiligen Missionare aus Thessaloniki Cyrilles und Methodios. 
Von da an begann die Christianisierung im ehemaligem Jugoslawien und auf dem Balkan. 
Dazu beigetragen hat an erster Stelle die Dynastie Nemanjic im späten 12. Jahrhundert, der heilige Simeon und sein Sohn, der heilige Sava, der 1219 den Segen von dem Patriarchat in Konstantinopel bekommen hat und die Kirche zum autonomen Erzbistum erklärte. 
In diesem „Goldenen Zeitalter„ der serbischen Kirchenkultur im 13. und 14. Jahrhundert, entstanden viele Klöster und Kirchen, vor allem kostbare Reliquien, die bis heute an diese Zeit zurückblicken lassen. Im Jahr 1346 wurde die serbisch-orthodoxe Kirche zur Zeit des Kaisers Dušan sogar zum autokephalen Patriarchat erhoben, das oft unterbrochen wurde. 
Doch die Entwicklung der Serbisch-orthodoxen Kirche im Mittelalter mit dem historischen Schicksal des serbischen Volkes und seines Staates eng verbunden. 
Unterbindungen gab es während dieser Türkenherrschaft mehrere Male, wie 1459, als sie für ein Jahrhundert ihre Souveränität verlor und keine Patriarchen aus ihren Reihen wählen durfte. 
Die nationale Wiedergeburt begann schon im Frühjahr 1804, als einige Aufständige den ersten Widerstand auf dem Balkan zündeten und so den Weg zur Befreiung der Orthodoxen auf dem Balkan geschaffen haben. 
Die Rückbesinnung auf die Wurzeln der eigenen christlichen Kultur bereitete die Metropolie von Karlovci in Sremski Karlovci vor, die sich auf dem Territorium des Habsburgischen Reiches befand. 
1879 folgte die Errichtung der serbischen Metropolie und nach dem ersten Weltkrieg wurde die serbische orthodoxe Kirche zum autokephalen Patriarchat von Serbien erklärt und erhoben (1920). Bis heute hat sie den Titel beibehalten.

 

 

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